Der Kampf geht seit Beginn der Distilben-Affäre weiter

Die Beweisregelung: Der Kassationshof äußert sich
Ausgehend von dem Urteil der Ersten Zivilkammer des Kassationsgerichts vom 19. Juni 2019 (FS-P+B, Nr. 18-10.380)

Diethylstilbestrol (DES) ist ein synthetisch hergestelltes Diphenol mit sehr starken östrogenen Eigenschaften.
Dieses Molekül wurde 1938 in Großbritannien synthetisiert und in mehreren Ländern, darunter Frankreich, unter dem Namen Distilben oder auch Stilboestrol vermarktet. Es wurde von Ärzten verschrieben, um Frauen zu "helfen", die wiederholt Fehlgeburten erlitten oder von Frühgeburten bedroht waren.
Distilben wurde zwischen 1955 und 1977 in Frankreich verabreicht und führte zu zahlreichen Genitalanomalien, einem erhöhten Risiko für Gebärmutterkrebs und Unfruchtbarkeit bei Kindern, die dem Medikament in utero ausgesetzt waren.
Dieses Medikament hat und wird auch weiterhin über drei Generationen hinweg bei den "Distilben-Kindern" Beschwerden verursachen.
Im vorliegenden Fall hatte Frau B. eine Missbildung der Gebärmutter, die mit ihrer Distilbenexposition in utero zusammenhing.
Diese konnte ihre Schwangerschaft jedoch nach verschiedenen Operationen an ihrer Gebärmutter, neun Fehlgeburten und zwei In-vitro-Fertilisationen austragen.
Frau B. beschloss daraufhin, die Verantwortung zu übertragen und Entschädigung eins der Hersteller dieses Moleküls, die Firma UCB Pharma, die anschließend die Firma Novartis santé famille beschuldigte, die auch das umstrittene Produkt vermarktete.
Dabei stützte sich die Klägerin auf Artikel 1240 des Zivilgesetzbuches (ex-Artikel 1382 des Zivilgesetzbuches), die Grundlage für die verschuldensabhängige Haftung aus unerlaubter Handlung, um ihre Klage einzureichen und Schadenersatz zu verlangen.
Das System der Haftung für fehlerhafte Produkte - das für Opfer fehlerhafter Produkte günstiger ist und auch pharmazeutische Produkte einschließt - aus dem Gesetz Nr. 98-389 vom 19. Mai 1998 über fehlerhafte Produkte, das selbst aus der Umsetzung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 über die Haftung für fehlerhafte Produkte hervorgegangen ist, konnte aufgrund des Datums, an dem Distilben auf den Markt gebracht wurde, nicht angewendet werden.
So wies das Berufungsgericht Versailles in einem Urteil vom 23. November 2017 die Klage von Frau B. mit der Begründung ab, dass der Beweis für die Distilbenexposition einerseits und der Beweis für den kausalen Zusammenhang zwischen der Missbildung ihrer Gebärmutter und der Distilbenexposition in utero andererseits nicht mit Sicherheit erbracht worden seien.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht an:
"selbst wenn man bedenkt, dass diese Elemente einen Anscheinsbeweis darstellen, müssen sie durch weitere Indizien aus den vorgelegten Krankheitsbildern erhärtet werden, die schwerwiegende, übereinstimmende und präzise Vermutungen sowohl der Exposition als auch der Zurechenbarkeit der Schäden zu dieser darstellen können, dass aber die vorgelegten Krankheitsbilder, um diese Beweisfunktion zu erfüllen, keine andere mögliche Ursache als die Exposition gegenüber DES in utero haben dürfen".
Mit anderen Worten: Um ihren Fall zu gewinnen, musste die Klägerin den Beweis für die Exposition gegenüber DES in utero erbringen, aber auch den Beweis für den kausalen Zusammenhang zwischen der Exposition in utero und dem Schaden, den sie durch die Missbildung ihrer Gebärmutter erlitten hatte.
Die Bezirksrichter verlangten von den Opfern darüber hinaus den Nachweis, dass die Distilbenexposition einmalig und ausschließlich gegenüber einem anderen Wirkstoff war.

Distilben-Affäre

Da Frau B. gegen das Urteil des Berufungsgerichts Berufung einlegte, musste der Kassationshof über den Fall entscheiden und seine Position bezüglich der in diesem Fall geltenden Beweisregelung verfeinern.
Zur Erinnerung: Andere Frauen, die ähnliche Haftungsklagen angestrengt hatten, waren mit Schwierigkeiten konfrontiert worden, den Beweis für eine DES-Exposition im Mutterleib zu erbringen, da der einzige mögliche Beweis die Vorlage von Rezepten ihrer Mütter oder Zeugenaussagen vor Gericht gewesen wäre.
Daher hat der Kassationshof in früheren Fällen immer eine gewisse Flexibilität gezeigt.
Um den Kausalzusammenhang herstellen zu können, haben die Richter des Hohen Gerichts entweder die DES-Exposition lediglich als vermutet angesehen (Civ. 1re, 24. Sept. 2009, Nr. 08-16.305 und 28. Jan. 2010, Nr. 08-18.837) oder den Nachweis der DES-Exposition gefordert, obwohl eine multifaktorielle Exposition vorliegen könnte (Civ. 1re, 24. Sept. 2009, Nr. 08-16.305 und 28. Jan. 2010, Nr. 08-18.837).
Im vorliegenden Fall wiederholt der Kassationshof mit seinem Urteil vom 19. Juni 2019 die Grundsätze, die sich aus der Beweislast im Bereich der Haftung für unerlaubte Handlungen ergeben, geht aber noch weiter, indem er seine Position wie folgt verfeinert:
"Wenn nicht nachgewiesen ist, dass DES die einzige mögliche Ursache für die dargestellten Erkrankungen ist, kann der Nachweis einer Exposition gegenüber diesem Molekül in utero und anschließend der Nachweis, dass der Schaden auf diese Exposition zurückzuführen ist, mit allen Mitteln erbracht werden, insbesondere durch schwerwiegende, genaue und übereinstimmende Vermutungen, ohne dass verlangt werden kann, dass die Erkrankungen ausschließlich durch diese Exposition verursacht wurden".
Bei der Lektüre dieses Urteils stellt man fest, dass der Kassationshof das Berufungsgericht bestraft, das von der Klägerin den Nachweis verlangte, dass die DES-Exposition die einzige Ursache des Schadens ist.
Denn diese Forderung führt offensichtlich zum Scheitern der Klagen von Opfern, die nicht mit Sicherheit nachweisen können, dass keine multifaktorielle Exposition vorliegt.
Das Kassationsgericht zensierte schließlich die Richter der Hauptsache, um den Kampf der Distilbenopfer zu erleichtern.
Doch auch wenn die Position des Kassationsgerichtshofs dem Kampf dieser Frauen, die aufgrund einer Exposition im Mutterleib Opfer von Distilben geworden sind, entgegenzukommen scheint, bedeutet dies nicht, dass er endlich gewonnen ist.
Vor der Entscheidung des Kassationsgerichtshofs wird die Beweislage zunächst von den Richtern in der Hauptsache beurteilt, die im Rahmen der Haftungsklagen gegen den Hersteller von Distilben eine Entschädigung zusprechen oder nicht.
Werden sich die Sachrichter dann der neuesten Position des Kassationsgerichtshofs anschließen und nicht mehr den Nachweis einer einmaligen Distilbenexposition verlangen?
Es bleibt abzuwarten, ob es weitere Klagen und Entscheidungen geben wird, um zu beobachten, wie das Urteil vom 19. Juni 2019 von den Richtern in der Hauptsache bei der Beurteilung der Beweisregelung für Rechtsstreitigkeiten über die Distilbenexposition berücksichtigt wird.
Risiko im Zusammenhang mit der Verwendung von Chemikalien, Pestiziden oder Medikamenten, sollten Sie sich gut beraten lassen, welche Haftungs- und Beweisregelungen nach französischem und europäischem Recht gelten.

Meister Zakine hat eine Abschlussarbeit über REACH-Verbindungen geschrieben Sie hat einen Master in Privatrecht und ein D.E.S.S. in europäischem und internationalem Recht. Sie ist Dozentin an der Universität von Nizza, Anwältin in Antibes und Arbeitsrecht, Immobilien und Bau.

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